Taekwon-Do

Die Ursprünge

Im ersten Jahrhundert vor Christus war das Gebiet des heutigen Koreas in drei Königreiche unterteilt, Silla, Koguryo und Baek Je, die untereinander in ständige militärische Auseinandersetzungen verwickelt waren. Im kleinsten dieser Königreiche (Silla) bildeten die jungen Adligen zur Verteidigung des Vaterlandes eine Elitetruppe, die Hwa Rang Do, die sich nicht nur in den

üblichen Waffengattungen wie Speer, Bogen, Schwert und Haken, sondern auch in geistiger und körperlicher Disziplin übten und verschiedene Arten des Hand- und Fußkampfes vorzüglich beherrschten: Soo Bak Gi (Faustkampf) und Taek Kyon (Fußkampf). Während der Silla-Dynastie (668-935 n. Chr.) wurden die Hwa Rang Do Krieger durch ihren Mut und Kampfgeschick bekannt und verhalfen den Kampfkünsten zu neuer Blüte. Soo Bak Gi und Taek Kyon wurden zur nationalen Kriegskunst erklärt, in der jährlich Wettkämpfe ausgetragen wurden, um den besten Kämpfer zu ermitteln.Der Wettkampfsieger erhielt einen bedeutenden Posten in der Regierung. Auch während der Koryo-Dynastie (918 - 1392 n. Chr.) erfreuten sich die kriegerischen Künste großer Beliebtheit. In der folgenden Yi-Dynastie (1393 - 1910 n. Chr.) wurde jedoch alles, was mit dem Militär zu tun hatte, abgewertet. Die Kampfkünste Soo Bak Gi und Taek Kyon gerieten immer mehr in Vergessenheit. Während der japanischen Besatzung (1909 - 1945) war deren Ausübung sogar verboten und nur einige unerschütterliche Männer (z. B. HAN, IL-DONG) praktizierten sie im Untergrund und gaben ihr Wissen und Können an wenige Schüler weiter. Einer dieser Schüler war CHOI, HONG-HI.

CHOI, HONG-HI wurde am 9. November 1918 im Gebiet des heutigen Nordkorea geboren. Schon im Alter von 12 Jahren wurde er wegen Aufwiegelung gegen die japanischen Behörden, die damals Korea besetzt hielten, aus der Schule ausgeschlossen. Deshalb schickte ihn sein Vater zu einem Privatlehrer, Herrn HAN, IL-DONG. Dieser war nicht nur einer der berühmtesten Lehrer der Kalligraphie (Schönschreibkunst), sondern auch ein Meister des Taek Kyon, der alten koreanschen Kunst des Fußkampfes. Aufgrund des schlechten gesundheitlichen Zustandes seines Schülers, drängte er Choi Hong-Hi dazu, Taek Kyon zu erlernen. 1938 wurde Choi zur Weiterbildung nach Japan gesandt. Dort erlernte er zusätzlich die japanische, kriegerische Kunst KARATE und erlangte nach zwei Jahren intensiven Trainings den schwarzen Gürtel I. Grades. Beim Ausbruch des II. Weltkrieges mußte sich Choi gegen seinen Willen zur japanischen Armee melden. Während seiner Stationierung in Pyongyang in Nordkorea wurde er als Organisator der koreanischen Unabhängigkeitsbewegung, die als Studenten- und Soldatenbewegung von Pyongyang bekannt wurde, angeklagt und während der acht Monate vor seinem Prozeß in einem japanischen Gefängnis inhaftiert.

Kampfkunst in der Zelle

Um die Langeweile zu mildern und sich physisch fit zu halten, praktizierte er in seiner Zelle Taek Kyon und Karate. Innerhalb kurzer Zeit wurden sein Zellengenosse und der Gefängniswärter seine Schüler. Die Befreiung Koreas im August 1945 rettete Choi vor einer siebenjährigen Gefängnisstrafe. Daraufhin reiste er nach Seoul, wo er eine Soldaten- und Studentenpartei gründete. Im Januar 1946 wurde er als stellvertretender Leutnant in die neu gegründete koreanische Armee aufgenommen und bald darauf Kompaniechef des 4. Infantrieregiments in Kwang-Ju in der Cholla-Namdu Provinz. Dort begann er zunächst damit, seine Soldaten im KARATE zu unterrichten. Angetrieben durch seine nationale Gesinnung verschrieb er sein Leben aber den koreanischen kriegerischen Künsten. Er wollte eine eigene kriegerische Kunst entwickeln, die dem japanischen Karate in Psyche und Technik überlegen sei. Diese Aufgabe wurde sein Lebenswerk. In den folgenden Jahren entwickelte er neue Techniken, verbesserte die Taek Kyon- und ergänzte die Karatetechniken durch unzählige weitere. Parallel mit seiner steilen militärischen Kariere (1951 wurde er Brigadegeneral) wuchs sein Einfluß auf das Militär und so konnte er es durchsetzen, daß die von ihm entwickelte kriegerische Kunst in das Ausbildungsprogramm der Armee aufgenommen wurde.

Kampfkunst und Militär

Die Kampfkunst verbreitete sich in der Folgezeit unter dem neuen Namen Taekwon-Do schnell im ganzen Land. 1959 bereiste Choi, Hong-Hi mit einem 19-köpfigen Demonstrationsteam den fernen Osten, um auch außerhalb Koreas TKD zu verbreiten. Diese Reise wurde zu einem überwältigenden Erfolg, sowohl im Ausland als auch in Korea selbst. Mit immer neu zusammengestellten Teams bereiste er in den folgenden Jahren Amerika, Europa, den nahen und den mittleren Osten, und viele Mitglieder dieser Teams blieben anschließend in den besuchten Ländern, um TKD zu verbreiten und neue Landesverbände zu gründen. Am 22. März 1966 wurde in Seoul die INTERNATIONAL TAEKWON-DO FEDERATION (ITF) gegründet. Gründungsmitglieder waren die Landesverbände Arabien, Deutschland, Italien, Korea, Malaysia, Singapur, Türkei, USA und Vietnam. Choi, Hong-Hi wurde der erste Präsident der ITF und hat dieses Amt heute noch inne. In den nachfolgenden Jahren kamen zahlreiche neue Landesverbände hinzu. Zur Zeit gehören der ITF über 100 Landesverbände an, und die Zahl der Schüler geht in die Millionen. Zwei Jahre, nachdem die ITF ihren Hauptsitz nach Toronto verlegt hatte (1972), wurde die erste ITF-TKD-WM durchgeführt.

Die Hauptgeschäftsstelle befindet sich mittlerweile in Spanien.

Text: Paul Weiler